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Wim Delvoye

Seit dem Beginn seiner künstlerischen Laufbahn am Ende der 1980er Jahre verschiebt Wim Delvoye (1965, Wervik, Belgien) die Grenzen, die es üblicherweise zwischen Popkultur und Kunst, zwischen Kunsthandwerk und Bildender Kunst, zwischen dem historischen und dem zeitgenössischen und zwischen dem Edlen und dem Schmutzigen gab. Für das Mudam entwarf Delvoye eine komplett aus Metall bestehende Kapelle nach gotischem Vorbild mit subversiv bebilderten Kirchenfenstern. Auf schwarzem, grauem und buntem Glas spielt der Künstler mit Selbstzitaten. „Stinkefinger“, Küsse, menschliche Gedärme, Skelette von Cloaca werden geröntgt und somit zu heidnischen Kirchenfenstern erhoben. Das Licht, dem das Kirchenfenster früher Göttlichkeit verlieh, offenbart nun die atheistische Botschaft geröntgter Fleischstücke. Fratzen schneidend und zynisch leisten sich die Totenköpfe, Gebeine und dergleichen den Luxus, auch als moderne Vanitas interpretiert werden zu können.

„Mir ist bewusst, dass Ornament ein Verbrechen sein kann. Aber wie dem auch sei – ich begehe das Verbrechen“, konstatiert Delvoye und spielt damit auf den Wiener Architekten Adolf Loos an, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Verzicht auf ornamentale Verzierungen in der Architektur einforderte. Delvoyes Werke entwickeln sich häufig aus einer ornamentalen Geste, die in der künstlerischen Praxis eine konzeptuelle Dimension gewinnt. Mit deren Anwendung auf Alltags- und Industrieobjekte, wie etwa in der Reihe Untitled (Truck Tyre) (2013), stellt der Künstler traditionelle Werteskalen auf den Kopf und vereint Industrieproduktion, bildende Kunst und Kunstgewerbe.

Delvoyes Reihe derDutch Gas-Cans (Holländische Gasflaschen) ihrerseits ist typisch für seine ‚Verschiebungen’ der frühen 1980er Jahre, als er alltägliche Gegenstände, die mit Haus- und Handarbeit verbunden wurden, mit Motiven aus dem Kunsthandwerk verband. Gewollt anachronistisch, erinnert die Ikonografie dieser Arbeiten an das Goldene Zeitalter des Kunsthandwerks in den Niederlanden und nimmt Delvoyes frühen künstlerischen Anspruch für sein Werk auf, demzufolge es „provinziell“ sein sollte, um es dann „in etwas internationales zu verwandeln.“ Das für seine subtilen Farbtöne und die Qualität seiner Glasuren berühmte sogenannte Delfter Blau geht zurück bis ins 17. Jahrhundert. Sein Dekor, das sich meist auf Geschirr, Kacheln und anderen dekorativen Keramiken findet, wurde hier auf Gasflaschen übertragen. Unter den Motiven, die der Künstler in genauer Arbeit von den Glasurmalereien der Keramiken übernommen hat, ist eine Windmühle, die klischeehaft an holländische Landschaften erinnert. Diese Reihe ist stellvertretend für Delvoyes frühe Arbeiten, als er einen gewissen „Regionalismus“ in seiner Arbeit betonte.

Kunstwerke

  1. Wim Delvoye, "Cargas 22810", "Combugaz 35238", "Butaan Van Delft", 1988. Dépôt 2019 – Collection American Friends of Mudam,  donation de Raymond J. Learsy © Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg
    Wim Delvoye Cargas 22810, Combugaz 35238, Butaan Van Delft, 1988

    Laiton, acier peint
    56 x 28 cm, 54 x 28 cm, 56 x 28 cm
    Collection Mudam Luxembourg
    Donation 2022 – American Friends of Mudam, Collection Raymond J. Learsy
    Vue de la présentation Donations et dépôts récents, Mudam Luxembourg, 21.09.2019 – 13.04.2020
    © Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg

  1. Wim Delvoye Chapelle, 2006

    Vitraux et acier Corten découpé au laser
    1080 x 705 x 480 cm
    Commande et Collection Mudam Luxembourg
    Acquisition 2004
    © Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg

  1. Wim Delvoye, "Untitled (Truck Tyre)", 2013 et 2017. Ensemble de 4 pneus de camion sculptés à la main, 148 x 148 x 60 cm chacun. Collection Mudam Luxembourg. Acquisition 2016. Vue de l’exposition "Art & Craft . Mudam Collection", Mudam Luxembourg, 05.10.2018 – 17.03.2019 © Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg
    Wim Delvoye Untitled (Truck Tyre), 2013 et 2017

    Ensemble de 4 pneus de camion sculptés à la main
    148 x 148 x 60 cm chacun
    Collection Mudam Luxembourg
    Acquisition 2016
    Vue de l’exposition Art & Craft Mudam Collection, Mudam Luxembourg, 05.10.2018 – 17.03.2019
    © Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg

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