Michel Paysant
Die Projekte von Michel Paysant (1955, Bouzonville, Frankreich) verorten sich zwischen Kunst und Wissenschaft. Sie schaffen Brücken zwischen dem Kunsthandwerk, der Technikgeschichte und der Entwicklung moderner Technologie. Mitte der 1980er-Jahre begann Paysant, sich für Asphalt als künstlerisches Material zu interessieren, dessen „magische, starke und geheimnisvolle Qualität ebenso wie seine suggestive Kraft, Bilder zu erzeugen, seine Geschichte und sein Gedächtnis“ ihn derart faszinierten, dass er „ihm total auf den Grund gehen“ wollte. Asphalt als vermeintlich „armes“ Material ist ein natürliches oder künstliches Produkt aus Erdöl und wurde bereits in der Antike zum Kalfatern von Booten oder zum Einbalsamieren der Toten genutzt. Er half bei der Erfindung der Fotografie wie beim Glätten von Straßen in moderner Zeit und ist von nahezu unerschöpflichem symbolischem Reichtum, aus dem Paysant in zahlreichen Werken schöpft.
Michel Paysants mehrteilige Installation Nusquam (lat.: nirgendwo) behandelt die Themen der Gastfreundschaft, des Anderen und der Emigration. Sie ist ein freies Gedankenspiel und ein poetischer Blick auf die Idee des „Gastlandes”. Angeregt durch den Text von Thomas Morus (1478-1535), Utopia (1516), stellt Nusquamidealerweise einen „aktiven Wartesaal” dar, einen Zwischenort, an dem man sich neu auflädt, in den man eintaucht und wo man lauscht. Nusquam bildet so eine fiktive Schwelle in eine andere, bessere Welt, deren Existenz nicht zuletzt im Gedanken des vereinten Europas lebt. In dieser in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Partnern wie Botanikern, Handwerkern, Komponisten u.a. entstandenen Arbeit sammeln und verknüpfen sich literarische, historische und symbolische Bezüge wie in einer barocken Kunst- und Wunderkammer.
Peradam wurde ursprünglich 2007 für das Projekt Nusquam entwickelt. Mit seinem Titel verweist das Werk auf den geheimnisvollen Edelstein in dem unvollendeten utopischen Roman Der Berg Analog (1939–1944) von René Daumal (1908– 1944): ein Schatz, der nur für jene sichtbar ist, die ihn suchen. In der Videoanimation sieht man in einem langsamen Morphing fünfundfünfzig Asphaltfragmente bedeutender europäischer Straßen. Diese Folge von jeweils vor Ort eingesammelten Bitumenstücken – vom Frankfurter Börsenplatz, der Brücke des kosovarischen Mitrovica oder den europäischen Institutionen in Luxemburg – lädt zu einer imaginären Reise durch den Kontinent ein.
Das Werk La Grande Réserve III (1995) ist Teil einer dreiteiligen Reihe von Werken desselben Titels. Sie bestehen jeweils aus einer dicken Glasplatte, die in Form einer Burmester-Schablone ausgeschnitten ist, einem Kurvenlineal, das es Zeichnern und Architekten erleichtert, die unterschiedlichsten Kurven zu zeichnen. Dieses Werkzeug wurde sehr stark vergrößert und besitzt nun durch seine Größe von ca. 3 Metern Länge eine starke skulpturale Präsenz. Vom Titel her bezieht sich das Werk auf die französische Übersetzung eines Gemäldetitels eines Bildes von Caspar David Friedrich (1774 – 1840), Das Große Gehege, aus dem Jahr 1832, das eine Schwemmlandschaft in abendlicher Lichtstimmung zeigt. Ähnlich spielt die Skulptur von Michel Paysant mit der Spiegelung und der Transparenz, je nach Art der Präsentation. Liegend, auf einem schwarzen Sockel präsentiert, wird es zu einer spiegelnden Oberfläche, auf der der Betrachter das Umfeld wahrnehmen kann. Aufrecht an die Wand gelehnt ist die Skulptur transparent und lässt den Blick auf die Architektur frei.
Kunstwerke
Michel Paysant La Grande Réserve III, 1995 Dalle de verre découpée au jet d'eau JPA, socle en bois peint
4,3 x 300,5 x 121,8 cm
Collection Mudam Luxembourg
Donation 2021 – De l'artiste
Vue de l’exposition Michel Paysant, Centre International d’Art et du Paysage, Île de Vassivières, Beaumont-du-Lac, 25.05 – 22.10.1996
© Centre International d’Art et du Paysage, Île de Vassivières, Beaumont-du-Lac
Michel Paysant Inventarium 02, 2002 Tables, néons, sables, plantes, maquettes, bande son, banc, dessins muraux
Dimensions variables
Collection Mudam Luxembourg
Acquisition 2002
Vue de l’installation galerie Fréderic Giroux
© Photo : Denis Bouchard
Michel Paysant Attracteurs, 2002 Reconstruits à partir d’électroencéphalogrammes enregistrés pendant certaines étapes du sommeil : yeux ouverts, yeux fermés, sommeil 2, sommeil 4 et sommeil REM
Encre sur papier millimétré
50 cm x 65 cm
Collection Mudam Luxembourg
Donation 2004 - Michel Paysant
© Photo : Rémi Villaggi
Michel Paysant Oiseaux fluos (ombres de lumiere) 1-2-3-4, 2002 (détail) 4 dessins préparatoires pour un wall drawing d’Inventarium 02
Peinture fluorescente et crayon sur papier
50 cm x 65 cm chacun
Collection Mudam Luxembourg
Donation 2004 – Michel Paysant
© Photo : Rémi Villaggi
Michel Paysant Nusquam, 2007 Installation technique mixte
Dimensions variables
Plante : Campanule de Brava (Contra bruxas branca)
Commande et Collection Mudam Luxembourg
Avec le concours de Musée national d’Histoire Naturelle de Luxembourg, Jardin Botanique de Bonn, Centre International d’Art Verrier de Meisenthal, Objectile, Atelier Stéphane Dwernicki, 3D Prod, Olivier Esmein, Muadhib.
© Photo : Andrés Lejona | Mudam Luxembourg
Michel Paysant Portraits de Leurs Altesses Royales le Grand-Duc Henri et la Grande-Duchesse Maria Teresa, 2014–2015 Nano-fabrication par lithographie électronique
Dépôt d’or sur silicium
Vue au microscope optique
Diamètre du silicium : 100 mm
Dimensions des portraits : 180 et 200 µm (hauteur)
Collection Mudam Luxembourg
Commande 2013
Vue de l’exposition Eppur si muove. Art et technique, un espace partagé, 09.07.2015 – 17.01.2016, Mudam Luxembourg
© Photo : Rémi Villaggi | Mudam Luxembourg