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Für diese Ausstellung hat Hana Miletić (1982, Zagreb) einen temporären Pavillon konzipiert, der auf einer ursprünglich für das Festival Precarious Pavilion 2018 entwickelten Konstruktion basiert. Der als intimer Raum entworfene Pavillon kann von den Besuchern betreten werden, die im Laufe der Ausstellung an einem Veranstaltungsprogramm teilnehmen können. Die Dimensionen und die Lage im Raum sollen einen Kontrapunkt zur monumentalen Treppe des Foyers bilden. Die gleiche Absicht spiegelt sich in der einfachen Montage eines mit leichtem Stoff bespannten Rohrrahmens wider. Das grau-weiße Schachbrettmuster verweist auf das transparente Raster, das als Maßstab in der digitalen Bearbeitungssoftware Photoshop verwendet wird, und auf das Raster, das Weber zur Herstellung von Mustern benutzen. Miletić ist ausgebildete Fotografin, die sich schließlich 2015 der Arbeit mit Textilien zuwandte. Ihr Werk bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen der Materialität des Webens und der Textur digitaler Bilder. So werden die Wände des Pavillons mit einem halbautomatischen Jacquard-Webstuhl, einem Vorläufer des ersten Computers, hergestellt. Durch die Verwendung einer lockeren Webart in Kombi-nation mit der Flexibilität der Gewebeabschnitte untergräbt die Künstlerin die binäre und serielle Ästhetik des normativen Rasters.
Diese Methode wurde auch bei Softwares (2019) angewandt, einem der beiden präsentierten Werke, die für die Sammlung von Mudam erworben wurden. Bei jedem Werk schöpft Miletić aus ihrer fotografischen Dokumentation von Zerstörung und Transformation in der urbanen Umwelt. In diesem Fall sind es Bilder einer zerbrochenen Autoscheibe oder einer mit Klebeband zusammengehaltenen Glastür, aus denen die Künstlerin die lineare Form der improvisierten Reparatur abstrahiert. Miletić ist sehr sensibel, was den sozioökonomischen Kontext ihrer Quellen angeht, und achtet auch sehr auf die Herkunft ihrer Materialien und die Art und Weise, wie sie umgewandelt werden, wobei sie einen ethischen und ökologischen Ansatz bevorzugt. Die oft zerbrechlich wirkenden Werke zeugen von dem Engage-ment der Künstlerin für das Ethos von Fürsorge und Reparatur. Hana Miletić ist Trägerin des Baloise Art Prize 2021. Der 1999 ins Leben gerufene Preis wird jedes Jahr an zwei Kunstschaffende in der Sektion Statements der Art Basel verliehen.
Hana Miletić ist die sechste Künstlerin, die mit der großzügigen Unterstützung der Baloise in die Mudam Sammlung aufgenommen wurde, seit das Museum 2015 Partner des Preises wurde.
Mudam Summer Project 2022
Der Ort des diesjährigen Summer Projects ist ein ephemerer Pavillon, den die Künstlerin Hana Miletić (1982, Zagreb) im Foyer des Museums errichtet.
Diese Konstruktion, die Miletić erstmals im Jahr 2018 im Rahmen des Festivals Precarious Pavilion in Brüssel im öffentlichen Raum präsentiert hatte, wird auch im Mudam als Ort der Begegnung und für zahlreiche Veranstaltungen dienen. Als ausgebildete Fotografin beschäftigt sich Hana Miletić seit 2015 mit textilen Arbeiten. Für die auf einem halbautomatischen Jacquard-Webstuhl, einem der Vorläufer heutiger Computer, gewebten „Wände“ dieses einfach konstruierten Pavillons verwendet sie ein Rastermotiv, in dem sich ihre beiden künstlerischen Tätigkeitsfelder vereinen. Schachbrettartig, erinnert es sowohl an Vorlagen für Webmuster wie an das Symbol für „Transparenz“ in dem digitalen Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop.
Ähnlich komplex sind auch ihre übrigen Textilarbeiten, von denen zwei in der derzeitigen Präsentation 25 Jahre Mudam Sammlung zu finden sind. Textiles Arbeiten ist für Miletić stets auf mehreren Ebenen zu verstehen. Sie praktiziert es als explizites „Frauenhandwerk“, um Fragen nach Gemeinschaft, Gender und Tradition zu stellen. Sie hebt es auf eine metaphorische Ebene, um ihren künstlerischen Ansatz von „care and repair“ auch in einen sozialen Kontext zu überführen und sie sieht darin eine Art von „soft activism“, mit dem sie ihren ganz realen Beitrag zum Knüpfen zwischenmenschlicher Kontakte und Beziehungen leistet.
So wird Softwares (Precarious Pavilion) (2022) als Raum im Raum zunächst die Luxemburger Initiative Mamie et Moi empfangen, eine intergenerationelle Begegnung rund um das Stricken, bei der in zwangloser Atmosphäre Wissen und Kenntnisse zwischen Alt und Jung geteilt werden können. Daneben erwartet Miletić’ Pavillon auch Begegnungen im Rahmen eines Café des Langues, das in Zusammenarbeit mit RYSE (Refugee Youth Support & Empowerment), einer Flüchtlingsinitiative, einlädt, Fremdsprachen zu praktizieren und Verständnis zu gewinnen. Schließlich wird der Pavillon noch zu Vortragsveranstaltungen in kleinem Rahmen genutzt werden, bei denen es im Kontext der Sammlungsausstellung 25 Jahre Mudam Sammlung um Fragen des musealen Sammelns gehen wird.
All diese Begegnungen und der stattfindende Austausch werden dazu beitragen, dem sozialen Gewebe in unserem Museum Textur und Tiefe zu geben.