Peter Friedl
Peter Friedls (1960, Oberneukirchen, Austria) multidisziplinäre Praxis schöpft aus seiner Kenntnis von Dramaturgie und Linguistik sowie aus seiner Erfahrung als Theaterkritiker. Vor diesem Hintergrund untersucht er die Konstruktion von Geschichte und die in der Gesellschaft dominierenden Mächte. Seine nur selten erzählerischen Videoarbeiten zeichnen sich aus durch ihre schrille Dramaturgie, womit der Künstler den schmalen Grat beschreitet zwischen Fakt und Fiktion, zwischen Dokumentation und Theatralik, zwischen Unheimlichem und Ergriffenheit. Seine Arbeiten sind unprätentiös und voller Zitate von außerhalb der zeitgenössischen Kunst, vom epischen Theater bis zum Slapstick-Humor.
Friedl geht oft von politischen Ereignissen aus, deren öffentliche Wahrnehmung er hinterfragt, wie in dem verstörenden Video Liberty City (2007), in dem er zeigt, wie ein (weißer) Polizist von zwei (schwarzen) Männern geschlagen und zu Boden getreten wird. Das ungeschnittene und unscharfe Filmmaterial wirkt wie ein Amateurvideo, das bei Nacht von einem zufälligen Zeugen aufgenommen wurde. In Wirklichkeit handelt es sich um die inszenierte und umgekehrte Nachstellung einer gewalttätigen Episode der amerikanischen Zeitgeschichte: die Tötung des (schwarzen) Motorradfahrers Arthur McDuffie durch (weiße) Polizisten in Liberty City, Miami, am 17. Dezember 1979, als McDuffie von Beamten angehalten und zu Tode geprügelt wurde. Der Freispruch der Polizisten führte zu Ausschreitungen, die als die „Miami Riots“ von 1980 bekannt wurden. Friedl drehte das Video in der Umgebung des Liberty Square Housing Project, eines Komplexes, der in den 1930er Jahren gebaut worden war, um Schwarze Amerikaner von Weißen zu trennen, wovon heute noch die Reste einer Mauer zeugen. Indem er die Machtdynamik dieses Ereignisses umkehrt, weist Friedl auf rassistische Vorurteile hin und konfrontiert den Betrachter mit seinem Mitgefühl. Der Künstler beschrieb das Werk als „episches Theater im Stil eines Dokumentarfilms“, da es sich inhaltlich an den Instinkt der Betrachter wendet, um eine Reaktion hervorzurufen.