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Die US-amerikanische Künstlerin Sarah Oppenheimer versteht ihre Interventionen als Katalysator zur Schärfung der Wahrnehmung der Räume, in denen sie stattfinden. Ihre seit 2002 realisierten Werke entstehen stets mit akribischer Vorbereitung und in einer äußerst präzisen Ausführung. Oppenheimers spezielles Interesse gilt den unterschiedlichen Rahmenbedingungen des Ausstellungsortes, die durch architektonische Konventionen, industrielle Normen und ideologisches Understatement bestimmt werden, meist aber weitgehend unerkannt bleiben. Einer detaillierten Analyse des vorgefundenen Ortes auf eine Reihe zuvor festgelegter Parameter hin, nach denen beispielsweise die Architektur, die dort herrschenden Lichtverhältnisse oder das Besucherverhalten untersucht werden, folgt der künstlerische Eingriff, der sich in den meisten Fällen zunächst als Negativraum, als „Loch” manifestiert hatte. Die Bedingtheiten der räumlichen Matrix, von Oppenheimer „The Array” („die Anordnung”, „Aufstellung”) genannt, werden von ihr an den „Rändern” des Raumes untersucht und durch diese marginalen Veränderungen sichtbar gemacht.
In der ihr eigenen Systematik hat Oppenheimer parallel ein „Lexikon der Löcher” erarbeitet, eine die Titel ihrer Werke bestimmende Typologie zunächst nur der Durchgänge bzw. der Durchblicke, die sie für ihre neueste Arbeit S-399390 im Mudam um die Kategorie „S” für „Switch” („Umschalter”) erweitern sollte. Die Künstlerin greift hierbei die besondere Rolle des Grand Hall innerhalb der Gesamtarchitektur des Museums auf als zentraler, offen-ungeteilter und für den Besucherfluss wesentlicher Raum, indem sie ihn mit zwei „Switches” bespielt, die während der dreimonatigen Ausstellungsdauer ihre Platzierung immer wieder nach genau orchestrierter Vorgabe verändern. Es handelt sich dabei um zwei bewegliche, in ihren Maßverhältnissen direkt von den Größenverhältnissen des Grand Hall abgeleitete gläserne Korridore, die für den Betrachter je nach Lichtverhältnissen transparent oder reflektierend erscheinen. Ihre Aufstellung in bzw. zwischen den Zugängen zum Grand Hall beeinflusst die jeweilige Richtung, die die Besucher durch die Galerieräume nehmen werden. Ihre komplexe Gestalt, eine hybride Form aus Parallelepiped und Quader, trägt zu einer verwirrend effizienten perspektivischen Verschmelzung mit den schrägen und orthogonalen Linien des Grand Hall bei und erlaubt dem sie durchschreitenden, sie umkreisenden Betrachter nicht nur einen neuen und immer wieder veränderten Blick auf die Architektur, sondern auch ein tieferes Verständnis seiner eigenen Wahrnehmung.