Victor Burgin
Malerei, so Victor Burgin (1941, Sheffield, Großbritannien), in den 1960er und 70er Jahren einer der führenden Theoretiker der Konzeptkunst, sei ein „anachronistisches Beschmieren von gewebtem Stoff mit farbigem Dreck“. Folgerichtig beschäftigte sich Burgin überwiegend mit Fotografie und Film, wo ihn vor allem das Nebeneinander von Text und Bild sowie u.a. die Darstellung und Repräsentation von Frauen interessierte. Burgin, der 1986 mit dem Turner-Preis ausgezeichnet wurde, hatte kurz zuvor die siebenteilige Reihe Office at night angefertigt, von der Mudam ein Exemplar besitzt. Ausgangspunkt der Serie war ein Gemälde des amerikanischen Künstlers Edward Hopper von 1940 mit demselben Titel, das als Reproduktion teilweise im Hintergrund der Arbeit im Mudam zu sehen ist. Das von Hopper dargestellte Bürointerieur, in dem mit „klassischer“ Rollenver- teilung Chef und Sekretärin zu sehen sind, ist, Burgin zufolge, eine seiner Zeit gemäße „Insze- nierung des Konflikts zwischen Begehren und Gesetz“, d.h. des von einem erotischen Unterton begleiteten patriarchalischen Verhältnisses zwischen Vorgesetztem und Untergebener. Burgins einzelne Neuinterpretationen des Hopper’schen Bildes fügten der fotografischen Szene stets eine piktogrammartige Anspielung der Situation und ein in den „offiziellen Farben des internati- onalen Systems der Signalisation“ gehaltenes Feld hinzu. Vor allem aber verwandelte Burgin die Rolle der Frau „vom Objekt der Neugierde zu ihrem Subjekt, vom Zeigen zum Wissen, vom Exhi- bitionismus zur Epistemophilie, also dem Wissensdurst“ (Burgin), und stellte die Frau auf aktive, der Zeit erneut angemessene Weise, neu dar.