Nach Anfängen als Fotograf entwickelte Mike Bourscheid (1984, Esch-sur-Alzette, Luxembourg) ein Werk, zu dem auch Skulpturen gehören, von denen er manche in seinen Performances als Kostüm bzw. als Requisit verwendet. Als in vielen Techniken handwerklich versierter Künstler, der gleichermaßen Leder wie Textilien zu bearbeiten weiß, fabriziert er seine Werke sorgfältig und mit Präzision selbst – Werke, mit denen er auf ironische oder absurde Weise die Strukturen des Kapitalismus, des Patriarchats oder der Heteronormativität in Frage stellt. Für seine jüngsten Arbeiten will er, wie er unterstreicht, sich „auf die Zärtlichkeit, die Weichheit, die Empfindungen und Gefühle konzentrieren. Auf das Handwerkliche. (…) Ich interessiere mich für die weichen und gefühlvollen Dinge. Ich bin stolz, zu sehen, wie Männlichkeit weich und zart sein kann. Männlichkeit ist im Fluss und ich bin es leid zu sehen, wie die Geschlechter immer aufgeteilt und reduziert werden auf Mann und Frau.

Lucien E. P. (†) (2020) ist eine weiche, ausgestopfte Stoffskulptur, die einen einarmigen, nach hinten gedrehten Torso darstellt, der nur stehen bleibt wegen des aus seinem Ärmel wie eine Prothese herausragenden hölzernen Stocks. Bekleidet mit einem handgefärbten Hemd aus Rohseide, das von Schmuckketten zusammengehalten wird, ist er auf der Vorderseite mit zahlreichen Angelhaken zum Fliegenfischen verziert. Trotz ihrer Unförmigkeit, die ihr auch etwas Lächerliches verleiht, drückt die Arbeit auch Verletzlichkeit und Versehrtheit aus. Biografische Bezüge sind keine Seltenheit im Werk von Mike Bourscheid, und er spricht in einem Interview vom Ursprung des Titels, der auf seinen verstorbenen Stiefvater zurückgeht. „Es ist also als Hommage an seine Zärtlichkeit gedacht und für ihn als väterliche Figur. Er war es, der mir das Fischen beibrachte und die Köder sind emotionale Talismane, die für meine Beziehung zu ihm stehen.“