Die Bilder des Schweizer Malers Helmut Federle (1944, Solothurn) stellen regelrechte Aufgaben für das Sehen dar. Als Student an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel interessierte er sich nicht nur für die abstrakten Werke der amerikanischen Maler.innen, die er im dortigen Kunstmuseum entdeckte, sondern auch für Kulturen, die er auf Reisen nach Indien, Afghanistan und Nepal kennenlernte. Weitere Reisen sollten ihn später mit den Kulturen Südamerikas bekannt machen. In den 1970er-Jahren, als Federle noch zwischen einer Karriere als Rockmusiker oder Künstler schwankte, bewegten sich seine Werke zwischen Figuration und Abstraktion. Im Jahr 1977 schlug er dann in der Malerei einen geometrischen Pfad ein, der formal zwischen Konkreter Kunst und Farbfeldmalerei zu situieren wäre, würde der Künstler selbst ihn nicht als Ausdruck einer intensiven spirituellen Suche verstehen. Tief beeindruckt vom Buddhismus, suchte Federle mit seinen Bildern Antworten und Sinn. Unter Umgehung der mittleren Größen arbeitet er nur im Klein- oder Großformat und entwickelt die Untersuchungen seines malerischen Themas meist in den Variationen einer Serie. Untitled (September), ein 1996 entstandenes großformatiges Bild, ist ein gutes Beispiel für die malerische Subtilität dieses Werks. Seine drei Formen in zwei Farben scheinen auf den ersten Blick einem einfachen geometrischen Schema zu entsprechen. Zwei Rechtecke und die „T“-Form gestalten die Oberfläche; es ergibt sich ein Spiel der Proportionen und des Gleichgewichts. Leichte Abweichungen stören indes eine allzu perfekte Harmonie wie auch der an Nuancen reiche Farbauftrag nicht glatt ist, was aufmerksame Betrachter:innen über ihr eigenes Sehen nachdenken lässt. Federles Werke, die auch als „metaphysische Abstraktion“ bezeichnet wurden, führen auf exemplarische Weise den Reichtum der Betrachtung einer „einfachen“ Form vor Augen.