Franz Erhard Walther
Franz Erhard Walthers (1939, Fulda) breit gefächertes Werk umfasst Skulptur, Architektur und Performance. In den frühen 1960er Jahren wählte er Textilien als bevorzugtes Material und verwendete farbige Stoffe, um geometrische, nach Schnittmustern zusammengenähte Skulpturen zu schaffen, die von einem oder mehreren Protagonisten aktiviert werden können. Walther bricht damit mit der traditionellen Vorstellung eines Werks als feststehendes und unveränderliches Objekt. Das Werk existiert vielmehr so, wie es aktiviert wird. Der Betrachter hat die Möglichkeit, das Werk mit den ihm zur Verfügung gestellten Werkzeugen kreativ zu manipulieren, wobei sein Körper das Werk belebt, um ihm eine physische, räumliche und zeitliche Dimension zu verleihen.
58 Werkzeichnungen ist eine Reihe von Papierarbeiten unterschiedlicher Technik. Jede einzelne bezieht sich auf jeweils ein Element aus Walthers bekanntester Arbeit, dem 1. Werksatz (1963-1969), einer Reihe von genähten, ausgepolsterten, gefalteten und in Taschen verwahrten Stoffobjekten, die sowohl in ihrer „Lagerform“ als auch als von den Betrachtern nach Vorgaben des Künstlers auszuführende „Skulpturale Handlung im Raum“ gezeigt werden können. Für Walther entsteht der „Werkcharakter“ aus dieser Handlung heraus, die als wirklicher Umgang mit dem Element oder lediglich als mentale Durchführung der Aktion vollzogen werden kann. Walther beschreibt den „Augenblick der Handlung“ als das „zentrale Thema“ seiner Arbeit. „Die zugrunde liegende Idee ist es, eine handlungsbasierte Arbeit zu machen“, meint der Künstler. Die Reihe der 58 Werkzeichnungen besteht aus Beschreibungen, Anweisungen, Diagrammen und Zeichnungen, die zu dieser Idee gehören.
Zwischen 1979 und 1989 schuf Walther die Wandformationen, bei denen er das gleiche formale Vokabular wie in den Wandzeichnungen verwendet. Während die Wandformationen bildnerische und architektonische Elemente betonen, ist eine physische Aktivierung für sie als Skulpturen nicht mehr erforderlich. Die Arbeit Zwei Sockel. Halbierter Mantel(1981) ist durch die Verwendung der Farbe Burgunderrot (die der Künstler ab den 1970er Jahren verwendete) und durch die Einführung der Farbe Grün gekennzeichnet. Der Mantel, ein wiederkehrendes Kleidungsstück in späteren Werken, erscheint hier zum ersten Mal. In zwei Teile geschnitten lädt er dazu ein, sich die Aktivierung des Werks durch eine oder zwei Personen vorzustellen, die, wie in allen Wandformationen, drei verschiedene Positionen einnehmen können: „Davor, Daran und Darin“.