Charlotte Posenenske
Charlotte Posenenske (1930, Wiesbaden — 1985, Frankfurt am Main) entwickelte in ihrer kurzen künstlerischen Laufbahn, die Mitte der 1950er Jahre begann und 1968 endete, als sie die Kunst aufgab, um sich in einem Studium der Soziologie dem Thema der Fabrikarbeit zu widmen, ein wegweisendes Werk. Posenenske entwickelte eine Form eines massenproduzierten Minimalismus, mit dem sie drängende sozioökonomische Probleme des Jahrzehnts aufgriff, den Kunstmarkt umging und die etablierten formalen und kulturellen Hierarchien ablehnte. Zum radikalen Ansatz der Künstlerin gehörte es, Kunstwerke in unbegrenzter Auflage zu produzieren und die Preise nach den Produktionskosten zu bemessen. Ihre subversive Haltung gegenüber den Konventionen der Kunstwelt spiegelte sich auch in ihrer Auffassung von Urheberschaft wider, die sie als einen kollektiven Prozess verstand, der sich auf die am Herstellungsprozess Beteiligten und das sich aktiv beteiligende Publikums, bzw. die „Konsumenten“ erstreckte, wie Posenenkes die Betrachter ihrer Arbeiten nannte, die aufgefordert waren, sie kreativ neu zu kombinieren.
Massenproduktion und Modularität stehen auch im Zentrum von Posenenskes Serien D und DW. Vierkantrohre Serie D besteht aus sechs verschiedenen Formen aus galvanisiertem Stahlblech, die echten Luftschachtelementen ähneln. Dennoch sind sie genau nach den Zeichnungen der Künstlerin hergestellt worden. Vierkantrohre Serie DW ist eine Variante aus lediglich vier Formen, die in Wellpappe herstellt wurden. Mit diesem fertig verwendbaren Material kam jedoch eine Distanz zur Ästhetik der Metallmodule hinzu, die mit ihrer Form und ihrem industriellen Aussehen praktisch nicht von funktionalen Elementen zu unterscheiden waren. Beide Serien erlauben eine Vielzahl von Variationen und besitzen große Anpassungsfähigkeit an alle möglichen Ausstellungssituationen. Das Zusammenbauen solcher Kombinationen erfordert die Zusammenarbeit aller Beteiligten und stellt so eine Alternative zur traditionellen Hierarchie in den Entscheidungsketten dar.