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Walking Through...

Präsentation der Sammlung

Im Angesicht der Landschaft zückt der aufmerksame Spaziergänger sein Skizzenheft, notiert erste Linien einer Komposition, skizziert diese oder jene Besonderheit und nimmt in gewisser Weise in geografischer wie in metaphorischer Hinsicht an der sich vor seinen Augen ausbreitenden Landschaft Maß, während sein Gedächtnis sich in diesem Moment erst zu formen beginnt. Es ist dieser Bezug zum Raum, aber auch zur Zeit, der in der Ausstellung Walking through… zum Thema wird.

„Wilde, sturmdurchbrauste Gegenden wechselten mit lieblichen und sanften ab, so auch arme, böse, wüste, vernachlässigte Häuser mit anständigen, ordentlichen und wohlhabenden, und immer unterhielt sich der fortfahrende Landfahrer und Sorte lustige, vergnügte Landstreicher, sorglos wie er sich fühlen durfte, mit aufmerksamem Betrachten all der mannigfachen Erscheinungen, die ihm vor die Augen traten, auf das beste.” Robert Walser, Poetenleben

Im Angesicht der Landschaft zückt der aufmerksame Spaziergänger sein Skizzenheft, notiert erste Linien einer Komposition, skizziert diese oder jene Besonderheit und nimmt in gewisser Weise in geografischer wie in metaphorischer Hinsicht an der sich vor seinen Augen ausbreitenden Landschaft Maß, während sein Gedächtnis sich in diesem Moment erst zu formen beginnt. Es ist dieser Bezug zum Raum, aber auch zur Zeit, der in der Ausstellung Walking through… zum Thema wird. Die Reihe der 19 Tondi von Kuitca stellt so regelrecht ein „Tagebuch” dar, auf dem nahezu täglich, von 1994 bis 2000, die malerischen, zeichnerischen, geschriebenen und gekritzelten Notizen des Künstlers verzeichnet wurden, und dies auf einer wiederverwendeten Leinwand, die über einen Gartentisch gelegt wurde. Im Laufe der Zeit legten sich Farben und Motive übereinander, so dass wie in einem Palimpsest keine der Schichten vollkommen verloren ging. Von einem bestimmten Moment an sind die Bilder für den Künstler vollendet, woraufhin er ein neues beginnt. Auf diese Weise haben sich dann die Stimmungen des Augenblicks, die Flüchtigkeiten der Launen und die Fragmente der Zeit in jeden einzelnen der Tondi eingeschrieben.

Geert Goiris Melting Snow, 2005
© Photo : Courtesy art: concept, Paris

Die Natur wird gleichzeitig Gegenstand der Beobachtung wie auch Ort für Experimente. Manchem dient sie gar zur wirklichen, zur leibhaftigen Durchquerung, so Richard Long, der auf seinen langen und beschwerlichen Expeditionen genau bezeichnete Landschaften durchwanderte und die Spuren dieser Wanderungen dann in seine Werke einfließen ließ. Andere verändern ihren Umriss und erfinden sie im Geiste neu, wie David Zink Yi, für den der menschliche Körper zur Landschaft wird, deren Oberfläche er durchmisst, während in seinem Video ein Echo zu den graphischen Variationen von Cy Twombly oder Janaina Tschäpe nachklingt.

Didier Marcel nimmt in geradezu wörtlichem Sinne Anleihen an der Landschaft, indem er die Eigenschaften alltäglicher und in ihrer Banalität oft übergangener Dinge hervorhebt. Seltsam und von unklarer Handlung sind auch die Personen im Werk von Xavier Veilhan, die, im Frack, den Zylinder in Händen, manche mit Federn geschmückt und einen Hai zu ihren Füssen, sich auf einem Strand vor der Weite des Meeres einfinden. Dieses gepixelte Landschaftspanorama bleibt rätselhaft und bringt uns die fotografischen Illusionen einer veralteten Moderne vor Augen.

Die Werke der in dieser Ausstellung versammelten Künstler zeugen alle von einer besonderen Qualität ihres Blickes, wie es auch die Fotografien von Geert Goiris unterstreichen, die, in den Worten des Künstlers, „einen flüchtigen und vergänglichen Blick auf eine andere Wirklichkeit” darstellen. Sie unterhalten eine seltsame und fremdartige Beziehung zu den Orten und zu den Dingen. Oftmals scheint die Zeit wie aufgehoben. Sie verdinglichen die Orte und verwandeln Gegenstände zu Landschaften. All diese verlassenen Gegenden erinnern an die vergangene Gegenwart des Menschen, die, so scheint es, heute jedoch unpassend geworden ist.

In den Werken von mehr als zwanzig Künstlern ganz unterschiedlicher technischer Herangehensweisen zeichnet sich so eine große Vielfalt und eine große Fülle in den von ihnen zur Landschaft unterhaltenen Beziehungen ab.