–
Die Multimedia-Installation Poppy – Trails of Afghan Heroin von Robert Knoth und Antoinette de Jong steht im Kontext des zum vierten Mal stattfindenden Europäischen Monats der Photographie, der unter dem Titel „distURBANces” (Städtische Störungen) das Verhältnis von Realität und Fiktion untersucht. Photographie heute ist auf der Suche nach dem zeitgenössischen Bild. Sie spürt es gleichermaßen auf in den Inszenierungen der unglaublichsten Momente der Wirklichkeit wie in den realistischsten Situationen der Fiktion.
Poppy besteht aus einer Reihe von Bildern, die in der Komplexität der Installation miteinander in Interaktion treten, sei dies als Dokumente, die aufeinander antworten oder als Bilder, die sich entsprechen. Poppy könnte auch eine schlichte Fiktion sein. Doch die Geschichte, die Robert Knoth und Antoinette de Jong erzählen, basiert im Wesentlichen auf der dokumentarischen Arbeit von Photojournalisten. Alles beginnt, wie der Titel bereits andeutet, mit dem Bild eines Mohnfeldes, dessen lebendige Schönheit eine traurige und morbide Realität verbirgt. Dieser Schlafmohn (Papaver somniferum), der angebaut wird, um zu Drogen weiter verarbeitet zu werden, bildet die Grundlage eines illegalen, in Afghanistan beheimateten Handels. Die chemischen Verarbeitungsschritte des Mohns, an deren Ende das unter dem Namen Heroin bekannte synthetische Opiat steht, ebenso wie die Etappen des illegalen Handels dieser Droge werden von den beiden Künstlern minutiös dokumentiert.
Von den lebendigen Blumenfeldern Afghanistans bis zum Straßendschungel Londons zeichnet Poppy so die internationalen Produktions- und Handelswege des Heroins durch zwölf verschiedene Länder nach und legt außerdem den Einfluss dar, den dieser Handel auf den Terrorismus und auf das organisierte Verbrechen hat.
Indes versucht die Erzählung dieser Reise weder linear zu sein noch chronologisch, und wenn manche Abschnitte beschreibender ausfallen als andere, so fehlt es dem Ganzen nicht an eindrücklichen und metaphorischen Bildern. Die umfassende und sehr realistische photojournalistische Dokumentation, die Robert Knoth und Antoinette de Jong (beide haben zahlreiche Reportagen in Kriegsgebieten realisiert) im Verlauf vieler Jahre zusammengestellt haben, wird mit kunsthaften, abstrakten, ja sogar fiktionalen Bildern vermischt. So wird der Betrachter durch die Präsentation dieses Panoramas aus vier Projektionen in ein kaleidoskopisches Universum katapultiert, das ihn mit den unterschiedlichen Ebenen und Dimensionen dieses gesellschaftlichen und politischen Themas konfrontiert.
In einer Kombination aus Photographie, Video, Text, Stimme und auf YouTube gefundenem Archivmaterial legt die Multimedia-Installation den Finger auf die dunkle und komplexe Seite der Globalisierung und befördert so die Zusammenhänge und Konsequenzen der vom Osten in den Westen führenden Reise des Heroins ans Licht, nicht ohne auf die Konflikte, Krankheiten, Verbrechen und die extreme Armut hinzuweisen, die die betroffenen Länder heimsuchen.
Die Multimedia-Installation zeichnet sich sowohl durch die entlarvende Kraft ihrer Bilder aus wie auch durch ihre Reflexion über das Medium der Photographie selbst: sie führt vor Augen, wie diese sich anschickt, ihre Zweidimensionalität zu verlassen, um sich um neue Dimensionen zu erweitern.