Aus Anlass der letzten Tage der Sammlungsausstellung mirror mirror präsentiert Mudam PARADES, eine Performancereihe des in Brüssel lebenden Künstlers Darius Dolatyari-Dolatdoust, die inmitten der Ausstellung und in verschiedenen Zwischenräumen an anderen Orten des Museums stattfindet.
14h00 |
I
become them –
Performance
for two performers, five costumes and a felted fresco,
2020–2021
(30 Minuten)
Können wir
allein durch das Kostüm tanzen? Für Darius
Dolatyari-Dolatdoust
ist das Kostüm so etwas wie eine Partitur – er vergleicht es mit
dem Text, den ein Schauspieler spricht – und das dem
Performer seiner Ansicht nach ein neuartiges Körpergefühl verleiht
mit veränderten Möglichkeiten, sich zu bewegen, sich auszudehnen
und sich zu verwandeln, um so neue Narrative zu entwickeln. Um den
Künstler selbst zu zitieren: „Allmählich in eine Kreatur
überzugehen, sich bewegen, sprechen, atmen wie eine Blume, eine
Flagge, ein Raum: das Ziel ist es, ein wenig von seinem Menschsein
loszuwerden.“
Inspiriert
unter anderem von den Vorstellungswelten des antiken Griechenlands
fertigte der Künstler einen großformatigen Filzbehang an, auf dem
er Formen schuf, die Gefühle, Geschichten und Erinnerungen
darstellten. Dolatyari-Dolatdoust entschied sich für diesen
archaischen textilen Stoff, ist für ihn doch „das Filzen bereits
so etwas wie ein Tanz an sich … es ist eine Möglichkeit, sich mit
einer gemeinsamen Vergangenheit zu verbinden.“
Mit Unterstützung von
LottoZero und DHG company
Die Kostüme und der Behang entstanden in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Célia Boulesteix.
15h00 |
Flags parade –
A
performance for four performers and four
costumes,
2021
(30 Minuten)
Ist eine
Welt ohne den Menschen vorstellbar? Flags
parade
behauptet diese unmögliche Hypothese in der Form der Groteske: die
Formen der Körper werden in flamboyanter Tarnung versteckt, nicht um
ihn verschwinden zu lassen, sondern um ihn auf andere Weise zu
zeigen. Die Körper verwandeln sich im Kostüm, wodurch ihre
Bewegungen transformiert werden und so den Tänzern neue
Erscheinungs- und Ausdrucksmöglichkeiten verliehen werden. Sind sie
bewegliche Flaggen? Farbige Vögel? Mischwesen, die miteinander zu
kommunizieren versuchen? Sie suchen einander, rufen einander, drehen
sich, und treffen schließlich in einer Parade aufeinander, in einem
Schrei der Liebe.
16h30 |
Wearing
the dead –
A
performance for four performers and eight costumes,
2019
(45 Minuten)
Wearing
the dead
ist ein Werk, in dem sowohl die Kostüme als auch der Körper von
einem Erbe sprechen. Das Kostüm führt hier zu seinem eigenen Tanz
durch sein spezielles Design. Das Kostüm ist eine Reise und eine
Brücke zwischen dem Künstler und einer Kultur, die er geerbt hat
und von der er träumt: Iran.
Die Kostüme
beziehen ihre Inspiration aus den Rhythmen traditioneller iranischer
Lieder. Dolatyari-Dolatdoust entwarf sie als zweite Haut, die von
Tänzern mit den unterschiedlichsten körperlichen Merkmalen getragen
werden, um so verstehbar zu machen, wie unsere Identitäten aufgebaut
sind. Von der Vergangenheit inspiriert, aber mit dem Blick auf das
Zeitgenössische, schuf Dolatyari-Dolatdoust diesen komplexen Dialog
indem er eine „Choreographie des Gedächtnisses“ entwickelte.
Hier sind die Kostüme für den Künstler eine Möglichkeit, Teil
einer gemeinsamen Geschichte zu sein, in der er eine fiktive
lebendige Erinnerung verkörpert, die von seinem eigenen kulturellen
Erbe inspiriert wurde.
Von seinem
Wesen her, seinem Design, wird das Kostüm selbst zum Schöpfer und
Auslöser von Bewegung. Die Dramaturgie baut sich in einem Ritual
auf: Ausziehen, Anziehen und das Tragen der Kostüme, die
Verkörperung von Geschichten und Geschichte durch die Choreographie.
Dies ist wie ein Trip, eine Reise, die der Künstler mit anderen
teilen will.
17h45 | Cuddles –
A
performance for four performers,
2021 (15 Minuten)
Irgendwo
zwischen liebevoller Umarmung und Kampf vermischen sich hier die
Körper miteinander, verschmelzen zu einer formlosen Masse, einer
vielgliedrigen Kreatur mit unklarer Kontur. So scheinen sie
abwechselnd lebendige Skulpturen zu sein oder eine Kugel aus
gesichtslosen Körpern, in nahezu bewegungsloser Spannung oder in
bewegter Neuzusammenstellung. Cuddles
ist eine lebendige Anhäufung von Haut, Beinen, Armen, Schreien und
Schlägen.
Biografie:
Darius
Dolatyari-Dolatdoust
(1994,
Chambéry, Frankreich) präsentierte seine Arbeiten und Performances
in der Villa Noailles, Hyères, (2021); Critical Costume
2020,
Oslo (2020); Centrale Fies, Dro (Italien, 2020); Lottozero/textile
laboratories, Prato (2019, 2017); Jeune Création, Paris (2019); La
Maison des Ensembles, Paris (2019); mit Nanna Rosenfeldt-Olsen,
Kopenhagen (2019). Er lebt und arbeitet in Brüssel und in Marseille.