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Out-of-Sync

The paradoxes of time

In der Ausstellung Out-of-Sync kreist alles um die Bedeutung der zeitlichen Dimension in der bildenden Kunst. Die Auseinandersetzung mit dieser weitreichenden Fragestellung erfolgt anhand von Werken, in denen verschiedene Zeiten nebeneinander existieren, sich überlagern und sich widersprechen und die so ein paradoxes Verhältnis zur Zeit entwickeln. In dieser Auseinandersetzung mit dem vom Philosophen Elie During in seinem jüngsten Werk Faux Raccords „temps désaccordés” - disparate Zeiten - genannten Phänomen, sollen die in der Ausstellung versammelten Werke jedoch keinesfalls den Begriff der Zeit illustrieren oder ihn umschreiben, vielmehr sollen sie im Gegenteil deren kaum fassbare Natur erfahrbar machen.

Anri Sala After Three Minutes, 2007
© Courtesy : Hauser & Wirth Zurich, Londres ; Marian Goodman, New York ; Johnen/Schöttle, Berlin, Cologne, Munich ; Galerie Chantal Crousel, Paris

Zeitliche Motive wie das der Ungleichzeitigkeit, der Entkoppelung oder der Verschiebung spielen für die Kunstproduktion der ausgehenden 1960er und der beginnenden 1970er Jahre eine bedeutende Rolle. Ihre Ausdifferenzierung verläuft parallel zur Entwicklung der bewegten Bilder in der bildenden Kunst, die nicht nur geprägt ist durch das Aufkommen der Videotechnik und durch einen verstärkten Einsatz des Mediums Film sondern die sich auch in einem intensiven Dialog zwischen den verschiedenen künstlerischen Disziplinen dynamisiert, der sich insbesondere um Fragen der Zeit und des Prozesses entspinnt. In der Ausstellung Out-of-Sync werden eine Reihe von Schlüsselwerken dieser Epoche in Beziehung zu jüngeren Werken gesetzt, bei denen deutlich wird, wie aktuell diese Fragestellungen auch im zeitgenössischen künstlerischen Schaffen sind.

Zentral für die Ausstellung ist die Frage der Film- bzw. der Tonaufnahme. Die im Rahmen von Out-of-Sync präsentierten Werke bedienen sich technischer Apparate, ohne Illusionen zu erzeugen und machen deutlich, wie die Aufnahme der Zeit und ihre Wiedergabe ungewöhnliche Erfahrungen von Zeit vermitteln können. Die Installation Present Continuous Past(s) (1974) von Dan Graham ist beispielhaft für diesen Ansatz: mittels eines Videos, das Live-Bilder des Ausstellungsraums um einige Sekunden verzögert wiedergibt, ermöglicht sie dem Besucher das Erleben einer „erweiterten Gegenwart”. Einen ähnlichen Effekt erzielt Laurent Montaron mit seinem Werk Melancholia von 2004. Das „Space-Echo” - ein ursprünglich für das Hervorbringen von Echo- und Halleffekten vorgesehener Apparat, der wie ein Relief in die Wand des Ausstellungssaals vertieft wurde, regt an zur stillen Kontemplation der sich beständig verändernden Schleifen seines Magnetbandes.

Hiroshi Sugimoto Akron Civic Theater, Ohio, 1980
© DR

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ausstellung ist die Bedeutung von Klang und Musik, worauf bereits ihr Titel hinweist: Out-of- Sync - der englische Begriff für eine Verschiebung zwischen Bild und Ton. Bruce Nauman und Dan Graham haben die zeitliche Dimension ihrer frühen Arbeiten immer wieder in Verbindung gebracht mit musikalischen Kompositionen beispielsweise von Steve Reich, dessen Technik des Phasing, also des Übereinanderlegens von mehreren identischen Tonspuren in leicht unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die zeitliche Phasenverschiebung eines Werkes wie Bruce Naumans Lip Sync(1969) vorwegnahm. Diese Neugier auf die im Bereich des Klangs und der Musik mögliche Komplexität zeitlicher Formen spiegelt sich auch in der Arbeit von Manon de Boer wider. Ausgangspunkt für verschiedene filmische Arbeiten dieser Künstlerin sind Musikstücke wie etwa 4’33’’ von John Cage oder die Sonate für Solovioline Sz. 117 von Béla Bartók. Gleiches gilt auch für Anri Sala, dessen Videodiptychon After Three Minutes (2007) mit dem Gegensatz zwischen dem von einem Stroboskop rhythmisch beleuchteten Becken und den der verschiedenen Videoaufnahmen eigenen Bildfrequenzen spielt.


Credits

Kuratoren:
  • Christophe Gallois
    Marie-Noëlle Farcy
    Clément Minighetti

Künstler:
  • Manon de Boer
    David Claerbout
    Tony Conrad
    Valie Export
    Marco Godinho
    Dan Graham
    David Lamelas
    Laurent Montaron
    Bruce Nauman
    Anri Sala
    Hiroshi Sugimoto