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Die Choreografin Ligia Lewis entwickelt und inszeniert experimentelle Performances. Anhand von Choreografien und einer Praxis der Verkörperung entwickelt sie expressive Konzepte, in denen Bewegungen, Gedanken, Beziehungen und die sie erzeugenden Körper Gestalt annehmen. In ihren Performances, die einer übergeordneten Logik von Interdependenz, Chaos und Spiel gehorchen, widmet sie sich dem Alltäglichen und schafft dabei Räume für das Emergente und Unbestimmte. In ihrer Arbeit treffen klangliche und visuelle Metaphern auf den Körper und materialisieren das Rätselhafte, Poetische und Dissonante. Lewis’ Arbeit evoziert stets auch die Nuancen der Verkörperung.
Anlässlich der Museum Days präsentiert die Choreografin eine neue Fassung ihres Werks deader than dead mit einer europäischen Besetzung. Ausgangspunkt dieses ursprünglich 2020 für das Hammer Museum in Los Angeles konzipierten Stücks war eine Untersuchung des Begriffs „Deadpan“ (Todernst), der eine offensichtlich teilnahmslose Haltung bezeichnet, mit der emotionale Distanz komödiantisch dargestellt wird. Lewis interpretierte den englischen Ausdruck wortwörtlich („totes Gesicht“) als eine Art Stasis und entwickelte zunächst eine Choreografie für zehn Tänzer, die sich regungslos oder tot stellten und sich so jeglichem erzählerischen oder repräsentativen Ansatz verweigerten, der zu einem Spannungsbogen oder einer fortschreitenden Handlung geführt hätte.
Im Zuge der Covid-Pandemie reduzierte Lewis die Besetzung auf vier Darsteller und wandelte das Stück in eine traditionellere Theateraufführung um. In dieser neuen Arbeit machen die Tänzer Macbeths berühmten Monolog „Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow“, eine Reflexion über Wiederholung und Sinnlosigkeit, zum Ausgangspunkt für eine Arbeit, die sich in Form von einzelnen Modulen entfaltet, von denen jedes im Zusammenspiel mit einem eigens ausgewählten Soundtrack oder Sample eine Illustration oder Parodie auf den Tod, den Stillstand und die Leere darstellt.
Die Arbeit ist zugleich spielerisch und eine Meditation über das „Spielen“ oder Schauspielern, über Tragödie als zyklisches und vertrautes Phänomen in der Lebenserfahrung von Schwarzen und Nicht-Weißen, über Zeit (da sie als Endlosschlaufe angelegt ist), über Performance und über Berührung als Akt der Fürsorge oder Gewalt. Das Werk ist in Form eines Lamentos aufgebaut, eines langen, endlosen Klagegesangs, der sich im Verlauf des Stücks selbst auflöst.
Biografie
Ligia Lewis (1983, Santo Domingo, Dominikanische Republik) arbeitet als Choreografin und Tänzerin. Ihre Arbeit wurde an zahlreichen Orten in Europa und den USA präsentiert, darunter im Tanzquartier in Wien (2022), im HAU Hebbel am Ufer in Berlin (2018, 2021), im MCA Museum of Contemporary Art in Chicago (2020), im Hammer-Museum in Los Angeles (2021), im Walker Art Center in Minneapolis (2020), im Kaaitheater in Brüssel (2019), im Arsenic in Lausanne (2019), als Teil des High Line Art Programms in New York (2019), im Performance Space in New York (2019), im OGR Turin (2018), im Stedelijk Museum Amsterdam (2017) und in der Tate Modern in London (2017). Lewis war zudem Teil von Festivals und Biennalen, darunter die Ruhrtriennale in Bochum (2022), die Tanzplattform Deutschland (2022), das Festival Politik im Freien Theater in Frankfurt (2022), die Liverpool Biennale (2021), das Side Step Festival in Helsinki (2018), die Biennale de l’Image en Mouvement/Centre d’Art Contemporain Genève in Genf (2018), das Diver Festival in Tel Aviv (2018), das Festival American Realness in New York (2017), das Donaufestival in Krems (2017) und Julidans in Amsterdam (2017). Sie erhielt den Tabori Award des Fonds Darstellende Künste in 2021, ein Stipendium der Foundation for Contemporary Arts und einen Bessie Award for Outstanding Production.