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Im Auftrag der Europäischen Kulturhauptstadt Esch2022 und des Mudam Luxembourg hat die Künstlerin und Choreografin Cecilia Bengolea eine neue Arbeit konzipiert, in der sie Tanz, Performance, Skulptur und Videoinstallation zusammenbringt. Das Projekt, das anlässlich der Luxemburger Museumstage 2022 uraufgeführt wird, wird an zwei Orten stattfinden: im Socle C, dem Betonsockel des früheren Hochofens C von Esch-Belval, sowie dem Grand Hall des Museums in Luxemburg.
Deary Steel ist ein neues Werk, das an den historischen Orten der Stahlproduktion von Belval stattfindet. Die seit den späten 1990er Jahren stillgelegten Hochöfen des ehemaligen Industriestandortes Esch-Belval sind ein Wahrzeichen für die Landschaft der Minett-Region im Süden Luxemburgs, als monumentale Zeugen funktionaler, aber auch symbolischer Architektur, in denen industrielles Know-How und Erinnerungen verschmelzen. Die Arbeit untersucht die sozialen und materiellen Ursprünge des Industriezeitalters, und wie sie in choreographischer Hinsicht die nachindustrielle Ära geprägt haben, einschließlich der Verbindungen zur Danse libre, dem freien Tanz des frühen 20. Jahrhunderts. In den frühen Jahren des Jahrhunderts hatte eine Gruppe von Tänzern auf dem Monte Verità im Tessin eine Gemeinschaft gebildet, die die verlorene Harmonie zwischen menschlichem Tun und der Natur wiederherzustellen suchte. Bengolea, die sich von diesem historischen Moment und seiner Bedeutung für unsere Zeit inspirieren ließ, studierte daraufhin das Repertoire der Danse libre und leitete die Tänzer des Jeune Ballet du Conservatoire national supérieur musique et danse de Lyon (CNSMD Lyon) an.
Aus der Zusammenarbeit mit neun Tänzer·innen dieser Schule entwickelte Bengolea eine 30-minütige Choreographie mit dem Titel Danse des Éléments, in der sie Tanz und rituelle Gesten unterschiedlicher Kulturen aus aller Welt miteinander verbindet. Im Überwinden althergebrachter Kategorien kombiniert die Arbeit der Künstlerin alte zeremonielle Formen mit Street Dance, lenkt dabei den Blick auf die ihnen gemeinsame soziale Funktion und bringt Menschen zueinander.
Die Video-Installation zeigt die sich bewegenden Körper von neun Ballettänzer·innen in sich überlagernden Darstellungen von Ritualen, bei denen Feuer als Symbol für Energie, Empowerment und Heilung verwendet wird. Bilder aus dem noch aktiven Stahlwerk von ArcelorMittal Belval werden Found Footage aus Mangas, chinesischer Medizin und aus Archivmaterialien gegenüber gestellt, die von den Kämpfen von Industriearbeiterinnen und von den Freizeitaktivitäten des frühen 20. Jahrhunderts erzählen.
Die Arbeit wurde inspiriert durch die Faszination der Künstlerin von den mineralischen Ursprüngen unseres Planeten (dargestellt im Zusammenprall mit Meteoriten) und der Stahlproduktion als eines verführerischen Tanzes der Elemente, in dem sich diese Ursprünge spiegeln. Bengolea, die die industrielle Produktion von Stahl als „alchemistischen Prozess“ beschreibt, hält daran fest, dass es nicht nur die „inszenierte Zusammenstellung dieser Elemente“ ist, die sie interessiert, sondern auch, „inwiefern sie unsere Körper, unseren Lebenszyklus und unseren Lebensstil beeinflussen und beherrschen.“ Mit Bezug auf die chinesische Medizin erwähnt die Künstlerin die „Schlüsselrolle“, die metallische Elemente spielen in der „Regulierung der Meridiane im Chi-Gong, im Reiki und im Tai Chi.“ Deary Steel behauptet nun also, dass unsere Vertrautheit mit hergestellten schweren Objekten nicht weniger persönlich und affektiv sei, als die Vertrautheit, die wir zu den Metallen in unserem Körper haben. In Anspielung an die metallische Frau aus Fritz Langs Science-Fictionfilm Metropolis, von 1927, versucht Bengolea die Anziehungskraft harter fabrizierter Dinge und ihrer alchemistischen Geheimnisse und ihrer Reminiszenzen zu untersuchen, indem sie einen 3D-Avatar herstellt, den sie als „Inventar der funktionalen und kriegerischen stählernen Objekte“ versteht, „die unsere Geschichte und unser Ökosystem bilden und bedrohen.“
In einer Collage aus Bildern und Klängen aus Vergangenheit und Gegenwart präsentiert Bengolea „neue synthetische Erzählungen“ an einem Ort, von dem die Künstlerin sagt, dass dort „Rauheit, metallische Stärke, die Nöte der Streiks, die mechanische Choreographie industrieller Arbeit und die Schönheit des Tanzes zusammen kommen.“
Mudam Luxembourg – Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean und Esch2022 – European Capital of Culture danken allen Spendern und Sponsoren.
Wir danken LG für die Unterstützung der Künstler-/Videoinstallation im Mudam durch die Bereitstellung von 55'' OLED-Bildschirmen (18 Stück).
Wir möchten Arcelor Mittal für ihr Vertrauen und ihre Unterstützung danken.
Biographie
Cecilia Bengolea (Buenos Aires, 1979) hatte Ausstellungen in folgenden Institutionen: Guggenheim Museum, Bilbao (2021); Bourse de Commerce, Collection Pinault, Paris (2021); E.A.T. / Engadin Art Talks, Schweiz (2019); Desert X, Palm Springs (2019); Fondation Giacometti, Paris (2019); Palais de Tokyo, Paris (2018, 2015); Fiorucci Art Trust, Stromboli (2018); Dhaka Art Summit, Bangladesh (2018); TBA21–Academy, Venedig (2018); Dia:Beacon, New York (2017); Elevation 1049, Gstaad, Schweiz (2017); Spiral Hall, Tokyo (2016); 32nd São Paulo Biennial (2016); Hayward Gallery, London (2016); Centre Pompidou, Paris (2016, 2010); 13th Biennale de Lyon (2015); Tate Modern, London (2015); ICA, London (2015) und 10th Gwangju Biennial (2014). Sie ist Preisträgerin des Prix de la Critique, Paris 2008 und des Young Artist Prize der Gwangju Biennale, 2014. Ihre Arbeit findet sich ein einigen bedeutenden öffentlichen Sammlungen, darunter TBA21 Academy, MIRE - Fonds cantonal d’art contemporain, The Vinyl Factory, Le CNAP, Le Consortium, Fiorucci Art Trust, Tank Shanghai, Fundación Arco, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, KADIST France. Sie lebt und arbeitet in Paris und Buenos Aires.