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Thomas Hirschhorn. Flugplatz Welt/World Airport

Präsentation der Sammlung

Thomas Hirschhorns raumfüllende Installation Flugplatz Welt / World Airport wurde 1999 für die Biennale in Venedig geschaffen.

Künstler sein bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, zu große Verantwortung. Ich habe keine Angst vor Destabilisierung, ich will verbinden, was man nicht verbinden kann, ich will Subjekt sein, ich will Formen geben, der Behauptung wird Form gegeben, die Behauptung bleibt nicht Theorie. Durch meine Arbeit will ich Antwort geben auf die Frage: Wo stehst du, Genosse? Es geht darum, eine Arbeit zu machen, die Energie hat, die kraftvoll ist, die Biss hat, es geht nicht darum, was Kunst ist und was nicht. Ich benutze Kunst als Werkzeug, als Werkzeug, um die Welt kennenzulernen, als Werkzeug, um mich mit der Realität zu konfrontieren, und als Werkzeug, um mich mit der Zeit, in der wir leben, auseinanderzusetzen. Ich bin ein Künstler, Arbeiter, Soldat.

— Thomas Hirschhorn, 2002
© photo: Thomas Hirschhorn

Für eine Fläche von über 400 Quadratmetern stellte der Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn eine Unmenge von Objekten her, die zu einem Flughafen gehören. Nicht nur die Start- und Landebahn, die Flugzeuge in den Farben unterschiedlicher Gesellschaften, der mit ihnen in „Verbindung” stehende Tower und die flughafenartige Neonbeleuchtung sind zu sehen, vielmehr fügte Hirschhorn dem Ganzen zahlreiche weitere Elemente hinzu, wie riesige silberne Löffel, Altäre mit Turnschuhen bekannter Marken, sowie Stellwände, auf denen eine Überfülle von Zeitungsausschnitten zu den unterschiedlichsten Themen zu finden ist. In der für sein Werk charakteristischen Weise wurden einzelne Elemente von Flugplatz Welt / World Airport aus billigen Materialien hergestellt: Folien, Planen, Karton und große Mengen Klebeband dominieren neben vorgefertigten Objekten wie den Stühlen, den Koffern oder den Bildschirmen.

Hirschhorn fabriziert Collagen, riesige und komplexe Zusammenstellungen der unterschiedlichsten Dinge, die den Ort ihrer Ausstellung ganz einnehmen und ihn mit Spannung erfüllen. Aus seinem, wie er sagt, „zweidimensionalen Denken” überträgt er seine Ideen in die Räumlichkeit, „um im Realen zu bleiben.” Die Wahl von alltäglichen, „prekären” Materialien im Gegensatz zum noblen, „exklusiven,” im wörtlichen Sinne „ausschließenden” Material ist Teil seiner Strategie, den Betrachter nicht einzuschüchtern und ihn sich seinen Arbeiten auf Augenhöhe nähern zu lassen. Nicht die für ihn elitäre Vorstellung von ästhetischer Qualität ist sein Ziel, sondern „Energie,” die zum Dialog mit dem Werk treibt. Hirschhorn glaubt an die Autonomie der Kunst, er selbst sucht nicht über die Arbeit mit dem Betrachter in Dialog zu treten. Die ungeordnete Überfülle an Elementen und Informationen in seinen Arbeiten ist ein Spiegel der Realität und zwingt jeden, sich hier selbst zu orientieren.

© Photo : Eric Chenal

Flugplatz Welt / World Airport ist eine Arbeit zur heute so sehr diskutierten Globalisierung und ihren scheinbar paradoxen Begleiterscheinungen: „Makroisolierung, Selbstisolierung und Partikularismus - ethnisch, religiös, sozial, sprachlich, kulturell..., lokale Teilungen, regionale und private Kriege, Kriegsherren versuchen überall, die eine Einheit von der anderen zu trennen. Dieses Schrumpfen und Aufteilen ist es, was ich in Flugplatz Welt / World Airport untersuchen wollte.” Einige Elemente indes geben (Denk-)Richtungen vor: die Altäre stehen für bestimmte Themen (Geist - Körper - Seele), passende Bücher laden zur Lektüre ein, während die silbernen Löffel eine ironische Anspielung auf die mit oder ohne silbernen Löffel im Mund Geborenen sind, die in der globalisierten Welt aufseiten der Gewinner oder der Verlierer stehen. Dennoch ist Flugplatz Welt / World Airport kein ausdrücklich politisches Werk, das Stellung bezieht. Eine eindeutige, klare Lektüre bleibt dem Betrachter angesichts der Fülle verwehrt.

Thomas Hirschhorn wurde 1957 in Bern, Schweiz, geboren. Er lebt und arbeitet in Aubervilliers, Frankreich.

Credits