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Chen Chieh – Jen

Factory, The Route, Empire’s Borders I & II

Chen Chieh-jen, 1960 in Taiwan geboren, entwickelt seit den 1980er Jahren ein Werk, das eng mit der Geschichte seines Landes verbunden ist und in dem er die Strukturen von Macht, Geschichtsschreibung und kollektivem Gedächtnis in einer Gesellschaft befragt, die seiner Ansicht nach während der Alleinherrschaft der nationalchinesischen Kuomintang (1949–1987) und der seither dauernden Phase des Neoliberalismus jegliche Form von Identität verloren hat. „Die Gesellschaft Taiwans”, so schreibt der Künstler, „wurde wiederholt zur Geschichtsvergessenheit gezwungen und hat so die Fähigkeit verloren, sich Gedanken über die Zukunft zu machen und sie sich aus der Vergangenheit heraus auszumalen.” Seine Werke, in denen gewisse, meist verschwiegene historische und gegenwärtige Aspekte der aktuellen Situation sichtbar werden, sind als Widerstand gegen dieses Vergessen zu verstehen.

Work presented in the exhibition Factory, The Route, Empire’s Borders I & II – Current Live Preview Share, Mudam Luxembourg, 05/10/2013 – 19/01/2014
© Image: Chen Chieh-jen

Nachdem am Beginn seiner künstlerischen Laufbahn guerillahafte Performances im öffentlichen Raum standen und sich Chen Chieh-jen anschließend mit der digitalen Bearbeitung von Archivfotos beschäftigte, folgte seit etwa 10 Jahren eine Reihe von aufwändig gestalteten Videoarbeiten. In diesen Filmen, in denen der Künstler direkt soziale und politische Fragestellungen der heutigen Lage Taiwans thematisiert, geht es um die Folgen der Globalisierung für den Arbeitsmarkt (Factory), um die komplexen Beziehungen, die Taiwan mit den beiden „Empires” unterhält, mit den USA und der Volksrepublik China (Empire’s Borders I), um den Widerstand in der Arbeiterbewegung (The Route) oder um vergessene Kapitel der Geschichte seines Landes (Empire’s Borders II – Western Enterprises, Inc.).

In Chen Chieh-jens Arbeiten werden sowohl universelle Fragestellungen als auch Einzelschicksale sichtbar. Dabei entstammen seine Darsteller oftmals den gesellschaftlichen Randgruppen von Arbeitslosen oder politischen Oppositionellen, von denen die Filme erzählen, die er oftmals an Originalschauplätzen oder in aufwändig gestalteten Dekors dreht. In ihrem langsamen Rhythmus hat sich in Chen Chieh-jens Filmen dabei etwas Fotografisches bewahrt. Weniger um Detailreichtum und präzise historische Rekonstruktion bemüht, geht es dem Künstler vielmehr in der kurzzeitigen Wiederherstellung der Gemeinschaft seiner Protagonisten um die Sichtbarmachung ihrer Empfindungen und Gefühle.

Einstieg und Mittelpunkt dieser Ausstellung, in der Chen Chieh-jen vier Filme aus den Jahren von 2003 bis 2010 vorstellt, ist eine Installation, ein improvisiertes Kino, in dem ein Ausschnitt aus seinem jüngsten Film, Happiness Building I (2012) zu sehen ist. Das Bild der acht jungen Leute, die zwar gemeinsam, aber ohne wirklich zusammenzugehören scheinbar ziel- und endlos einen Gepäckkarren schieben, wird als Metapher für die zeitgenössische Gesellschaft seines Landes zur bildlichen Klammer der Filme von Chen Chieh-jen.

Credits

Kurator:
  • Enrico Lunghi