Zur Navigation Zu den wichtigsten Inhalten
Samuel Gratacap Sans titre 031, série Empire, camp de réfugiés de Choucha, 2012-2014
Samuel Gratacap

Empire

Mit seinen Arbeiten bewegt sich der Fotograf Samuel Gratacap sowohl im Bereich der bildenden Kunst wie im Fotojournalismus. Sein besonderes Interesse gilt Migrationsphänomenen und jenen Transitzonen, die im Gefolge aktueller Konflikte entstehen. Für seine Projekte verbringt er viel Zeit an diesen Orten, um die Situation in ihrer ganzen Komplexität zu verstehen und jenseits von Zahlen, Strömen, Karten, geopolitischen Daten und den in den Medien verbreiteten Nachrichten das widerzugeben, was diese eigentlich ausmacht: die individuellen Lebensläufe und Erfahrungen ihrer Bewohner.

Samuel Gratacap Sans titre 024, série Empire, camp de réfugiés de Choucha, 2012-2014
© Courtesy l'artiste et Galerie Les filles du calvaire Photo : Samuel Gratacap

Für sein ambitioniertes Projekt Empire hat er das tunesische Flüchtlingslager Choucha, das nur wenige Kilometer von der libyschen Grenze entfernt ist, in den Jahren 2012 bis 2014 mehrfach besucht. Im Laufe der Zeit passierten seit Februar 2011 mehrere Hunderttausend Menschen auf der Flucht vor den Konflikten im benachbarten Libyen, aber auch in Westafrika und am Horn von Afrika, dieses von der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) eingerichtete Notlager. Zwar erfolgte 2013 dessen offizielle Schließung, doch mehrere Hundert Flüchtlinge und Asylbewerber leben unter katastrophalen Umständen schutzlos weiter dort.

Die Bilder des Werkes Empire erzählen vom Leben, vom Engagement und von der Anpassung an das feindliche Umfeld. Sie zeigen Gesichter, Gesten, Teile der Wüste, Notunterkünfte, Bittschriften, verlorene Seelen, die durch das Lager streifen. In ihrer Gesamtheit umreißen die Fotografien eine aus der Zeit gehoben scheinende Situation: „Meine Arbeit”, so der Künstler, „macht die besondere Raum-Zeit-Erfahrung an diesem von Warten geprägtem Ortes deutlich. Die Menschen warten auf den Entscheid über ihre Asylanträge, dazu kommt die Anspannung, die sie angesichts ihres ungewissen Schicksals an diesem temporären Ort empfinden, der aufgrund von Sachzwängen zu einer Dauereinrichtung geworden ist, um am Ende doch zu verschwinden.”

Prägend für Gratacaps Bilder ist ihr Bezug zur Zeit, der so ganz anders ist, als man es aus den Medien kennt. Sie zeugen von einer Formensuche, hinter der nichts als der Wunsch steht, den individuellen Erfahrungen der Menschen angemessen Ausdruck zu verleihen. Neben Fotografien unterschiedlichen Formats sind mehrere Polaroid-Serien sowie einige direkt auf die Wand aufgebrachte Bilder zu sehen, außerdem Transkripte von Aussagen der Betroffenen sowie ein vom Künstler gezeichneter Plan, dazu mehrere Videosequenzen. Auf diesen verschiedenen Wegen versucht Gratacap, den Stimmen von Choucha in ihrer Einzigartigkeit Gehör zu verschaffen. Dazu der Künstler: „Es gibt nicht eine Geschichte von Choucha, sondern ebenso viele Geschichten wie Menschen, die dort gelebt haben.”

Credits

Kuratoren:
  • Paul di Felice, Pierre Stiwer (Café-Crème asbl)
    Christophe Gallois

Die Ausstellung Empire von Samuel Gratacap wurde organisiert in Zusammenarbeit mit Café-Crème asbl im Rahmen der 6. Edition des Europäischen Monats der Fotografie in Luxemburg. Die Ausstellung war ursprünglich von LE BAL (Paris) realisiert worden, wo sie vom 11. September bis zum 4. Oktober 2015 gezeigt wurde. Zu diesem Anlass wurde sie unterstützt von der Adagp, von Copie Privée, der SFR, dem Fonds de dotation agnès b., dem Cnap, der FNAGP sowie von Hugues Aubry.