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Der österreichische Künstler Elmar Trenkwalder wandte sich 1986 der Keramik zu, die heute in seiner Arbeit neben der Malerei und der Zeichnung deutlich dominiert. So ist Trenkwalder weniger Bildhauer als Plastiker, seine Arbeit hat im additiven Verfahren mit dem künstlerischen Material des Tons Freiheiten und Dimensionen erreicht, denen lediglich durch die statischen Eigenschaften des ungebrannten Materials Grenzen gesetzt sind. Die sich mittlerweile zu eindrucksvoller Größe auftürmenden Werke des Künstlers, die meist durch Zeichnungen und Modelle präzise vorbereitet werden, sind hochkomplexe Ensembles aus zahlreichen, jeweils dem Format des Brennofens angepassten Einzelteilen, deren exaktes Zusammenspiel von der Erfahrung des Künstlers und seinem virtuosen Umgang mit dem Schrumpfungsprozess des trocknenden Materials zeugen.
Stets von strenger struktureller Symmetrie, irritieren Trenkwalders Werke nicht nur durch ihre Fülle an kleinteiligen Details, sondern auch durch ihre Vieldeutigkeit. Formale Assoziationen sprechen von der Verwandtschaft zur Art Brut, zum Manierismus und Rokoko oder auch zum Jugendstil, während die glasierten Keramikarchitekturen auch an Hindu- oder Khmertempel und andere himmelwärts strebende Anlagen erinnern wie auch an Gebilde aus Science-Fiction oder Fantasywelten, ohne freilich ausdrücklichen Bezug zu nehmen. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich ihre Grundformen und Details oft ganz eigenständig als explizite oder anspielungsreiche erotische Motive, deren Funktion eine meist ornamentale ist und die wie in einer Art organischen Metamorphose erstarrt scheinen, das männlich-phallische und das weiblich-faltige Prinzip in friedlicher, freudvoller und vielleicht ironischer Koexistenz vereinigend. Trenkwalders Formenvokabular ist das des Fantastischen und Traumhaften. Der Verschmelzung von abstrakten und figurativen Formen in der dargebotenen Fülle wohnt etwas Obsessives inne. Die ausschweifende Verbindung von Ornament und Eros hat etwas von Transgression und Subversion. Seine Arbeit „bietet Zugänge zu bislang unerforschten Kontinenten des Verdrängten, Tabuisierten und Unbekannten und ermöglicht dadurch Einblicke in die sublimen Räume der menschlichen Seele.” (H.-P. Wipplinger)
Trenkwalders Interesse ist ein genuin künstlerisches: der sinnlichen Unmittelbarkeit in der Herstellung im Umgang mit dem Material folgt die Sinnlichkeit in der Wahrnehmung seiner Werke, deren buntfarbige Glasuren, Oberflächengestaltung und schiere Größe den Betrachter direkt ansprechen. Die für die Skulptur seit je zentrale Frage nach dem Raum steht ebenso im Fokus seines Interesses wie die Untersuchung der Beziehung zwischen Architektur und Ornament oder die Frage nach der Funktion des Details. Auch die aufwändig gestalteten Rahmen werden in ihrem Verhältnis zum Bildraum untersucht. Trenkwalders üppige Kunst ist von großer formaler und konzeptueller Vielschichtigkeit. Sie erlaubt dem Betrachter intensives Schauen und vermittelt eine Erfahrung des (natürlich nur visuellen) Ertastens und Begreifens ihres eigentümlichen Universums.
Elmar Trenkwalder wurde 1959 in Weißenbach am Lech (Österreich) geboren. Er lebt und arbeitet in Innsbruck.