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Pascale Marthine Tayou ist ein im belgischen Gent basierter, aus Kamerun stammender und international agierender Künstler. Er gehört zu einer Generation afrikanischer Künstler, die sich mit postkolonialen Fragen auseinander setzen und die Erfahrungen die sie in ihrem Herkunftsland und in der westlichen Welt machten, künstlerisch verarbeiten.
Im vielgestaltigen Werk des Pascale Marthine Tayou spiegeln sich sein ständiges Wandern zwischen den unterschiedlichsten geografischen Kontexten. „Pascale Marthine Tayou ist ein Nomade, in seinem Leben, in den Materialien die er verwendet, in seinen künstlerischen Quellen und in seinem Denken”, befand die Kunstkritikerin Roberta Smith erst kürzlich in der New York Times.
Sein Geburtsland ist ständig präsent in seiner künstlerischen Arbeit. „Dieser Bezug hat mit Fragen des Ursprungs zu tun”, meint Pascale Marthine Tayou. „Kamerun ist mein Herkunftslabel, da, wo alles begonnen hat. Ich bin dort geboren, bin dort aufgewachsen, geprägt von meinen Eltern, meinen Freunden und der Straße. Ich will das alles in mein Werk einfließen lassen.” Seine Werke loten die Durchlässigkeiten zwischen individueller, persönlicher Geschichte und der kollektiven Geschichte aus. Gleichfalls stehen Fragen im Zentrum, die in Afrika eine besondere Prägnanz haben, wie die Fragen nach der Bildung von kulturellen und nationalen Identitäten, nach den Verhältnissen zwischen Herrschern und Beherrschten und den Beziehungen zwischen dem Norden und dem Süden.
Pascale Marthine Tayous Werke, denen er so vielfältige Formen wie die der Installation, der Skulptur, des Videos, der Fotografie oder der Zeichnung gibt, lassen oft die Vitalität und den Erfindungsreichtum spüren, dem man in afrikanischen Großstädten begegnet. Besonders fällt die Verwendung von recycelten Materialien auf; so finden sich in seinen Arbeiten mit bunten Plastiktüten, Stofffetzen, Altkleidern, Unrat oder Autowracks zahllose für unsere Konsumgesellschaft symptomatische Dinge. Diese so unterschiedlichen Elemente werden miteinander verbunden durch Erzählungen, durch Zeichnungen und Notizen, mit Hilfe deren die unterschiedlichsten Lesarten, Übergänge, Konfrontationen und Kurzschlüsse ermöglicht werden.
Für seine Ausstellung im Mudam wurde Pascale Marthine Tayou gebeten, ein Werk für den Grand Hall des Museums zu entwerfen. Er ersann Home Sweet Home, eine Installation von 5 Metern Höhe, die an eine hängende Stadt erinnert, in der zahllose Vogelkäfige eine sich ausdehnende, imaginäre Landschaft darstellen. Diese Konstruktion steht auf einer organischen Struktur, die als Wald aus hölzernen Baumstämmen, afrikanischen Holzfiguren und einem enormen Netz aus Kabeln, Kopfhörern und leises Vogelzwitschern verbreitenden Lautsprechern konzipiert ist. Diese Installation stellt für den Künstler eine „Befragung der Vorstellungshorizonte unserer Welt des Konsums dar, in der alles sich miteinander vermischt”.
In einer weiteren, im Untergeschoss des Museums präsentierten Arbeit, Jpegafrica/Africagift (2006) häuft Pascale Marthine Tayou zahllose zeknitterte Fahnen der 54 afrikanischen Staaten zu einem stattlichen Berg an - als skulpturale Metapher für die verschiedenen politischen Identitäten des schwarzen Kontinents, in deren Mitte die Fahne Kameruns vom Künstler gar als „Selbstporträt” verstanden wird.